An die Nachgeborenen Und vor allem an die Zeitgenossen!!!! Und Pflaumenliebhaber!
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
hat die furchtbare Nachricht
nur noch nicht empfangen.
Was sind das für Zeiten, wo
ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist,
weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
die in Not sind?
So beginnt das brandaktuelle Gedicht von Bertolt Brecht an die Nachgeborenen. Für die, die es ganz lesen möchten hier ein Link: http://www.usc.edu/libraries/archives/arc/libraries/feuchtwanger/exhibits/Brecht/Nachgeborenen.html
Komisch, auf meine alten Tage werde ich immer rebellischer und finde mich in diesem Gedicht wieder. All die Alarmiertheit in einer Republik, bewohnt von (nicht nur) geistig verfetteten und von abrutschenden Bürgern (und abrutschen hat ja viele Bedeutungen)… Dazu muß „man“, muß ich doch, soweit ich das kann, etwas sagen… Ein geistig-moralischer Rollback ist in vollem Gange, man igelt sich ein auf seinem Sofa, in seinem Wüstenrothäuschen, die deutsche Angst und Gehässigkeit gehen wieder um, die Dummen und Religiösen – also die Unempathischen – kriechen dreist aus all ihren Schlupflöchern. Es riecht wieder nach Hosenboden, wie Kurt Tucholsky sagte – und zwar nach einem Hosenboden mit Bremsspuren darin – die Farbe? Na, welche wohl!
Und plötzlich finde ich mich wieder in dem ganzen taumelnden Sprachkosmos zwischen purer Verzweifelung und ein wenig Morgenröte mit Aussicht, den das Nachgeborenengedicht und dieses hier – auch von Brecht – umspannen:
Der Pflaumenbaum
Im Hofe steht ein Pflaumenbaum,
der ist so klein, man glaubt es kaum.
Er hat ein Gitter drum,
so tritt ihn keiner um.
Der Kleine kann nicht größer wer´n,
ja, größer wer´n, das möcht´ er gern!
S´ ist keine Red´ davon,
er hat zu wenig Sonn´.
Den Pflaumenbaum glaubt man ihm kaum,
weil er nie eine Pflaume hat.
Und doch ist er ein Pflaumenbaum:
Man kennt es an dem Blatt.
Tscha – und in diesem Sinne will hier mal loslegen…
… und noch ein großartiger Blog, dem man folgen MUSS — wer soll das alles weglesen?
[kopfschüttelnd ab, murmelnd „Ach, hätte der Tag nur 30 Stunden …“]
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